Lange Zeit hat man versucht den Radfahrern einzureden, das Tubeless das leichtere System ist, weil man ja den Schlauch spart. Was man vergessen hat bei der Geschichte zu erwähnen ist, das Dichtmilch ja auch etwas wiegt (bei einem 55/27,5/650B Reifen ca. 120g) und unterm Strich es eigentlich keine oder fast keine Gewichtsersparniss gibt. Der Vorteil vom Tubeless ist also nicht die Gewichtsersparniss, sondern lediglich die Pannensicherheit, was je nach Strecke, ja auch ein sehr gutes Upgrade ist. Mich stört dabei nur, das man die Dichtmilch alle 9-10 Monate erneuern soll. Das ist mir dann zuviel Aufwand und natürlich auch eine Kostenfrage. Also lasst uns über Schläuche reden.
Gerade bei dem Thema Schläuche hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Im Bild oben sind Schläuche für 27,5 Zoll mit Sclaverand Ventil abgebildet. Von Links nach Rechts:
- Rene Hers TPU Schlauch 33,00€
- Schwalbe Extra Light 21A 6,99€
- Schwalbe Standard Schlauch 19 SV 4,99€
Fangen wir mit dem Klassiker an, dem Schwalbe Standard Schlauch 19 SV
206 g schwer Material Butyl, hat eine recht gute Pannenstatistik und ist günstig. Meiner Erfahrung nach, getestet in der 26 Zoll Größe mit einem Schwalbe Mondial, Maximal ein Platten/Jahr.
Schwalbe Schlauch 21A Extralight
149 g schwer Material Butyl, beworben von Schwalbe mit der gleichen Zuverlässigkeit. Kann ich nicht bestätigen, 2 Platten pro Jahr (Kann aber auch einfach pech gewesen sein).
René Herse TPU Schlauch
Relativ neu auf dem Markt sind TPU Schläuche, 58g und vom Volumen und Gewicht kann ich drei Ersatzschläuche einpacken. Selbst wenn die Pannenstatistik schlechter sein sollte, muss man dann etwas häufiger wechseln, kann aber dafür mehr Ersatzschläuche mitnehmen. Eindeutig erkennbar ist, das der Schlauch weniger als die Hälfte eines Extra light wiegt. Ich spare pro Reifen 91 g. Nach meiner Einschätzung dürfte das beim Fahren spürbar sein. Was auch klar ist, ist der Schlauch kostet dafür aber mehr als das 6 Fache eines Schwalbe Standard Schlauchs und mehr als das 4 Fache eines Extra Light. Aber leicht war eben immer schon teuer.
Die TPU Schläuche bieten folgende Vorteile:
- TPU Schläuche sind leichter als klassische Butylschläuche und auch leichter als ein komplettes Tubeless-System.
- Reifen mit TPU Schläuchen laufen schneller als mit Butylschläuchen oder Tubeless-Systemen, vergleichbar mit Latexschläuchen.
- TPU Schläuche sind deutlich pannensicherer als klassische Butyl- oder Latexschläuche, sind dabei aber so luftdicht wie Butylschläuche.
- TPU Schläuche lassen sich sehr klein verpacken und sind somit der perfekte “Rettungsanker” für Tubeless-Syteme unterwegs.
Ich werde die Rene Herse TPU Schläuche jetzt testen und hier berichten. Andere TPU Schläuche anderer Hersteller sind etwas günstiger, aber mich haben Rene Herse Reifen überzeugt, vielleicht werde ich ja auch ein Fan der Rene Herse TPU Schläuche. Aktuell verlieren meine Extra Light Luft und müssen jeden 2 Tag nachgepumpt werden. Also ein guter Grund auf das leichtere Material zu wechseln. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Ökobilanz von Butyl Schläuchen, die ist schlecht und bei Latex Schläuchen und Dichtmilch auch nicht besser.
Ein Tubeless-Reifen-System ist für viele Anwender*innen mittlerweile das Non-Plus-Ultra. Verdrängt wird dabei aber gerne, dass es alles in allem ein doch auch wartungsintensives System ist, das zudem viele – gerade auch ungebübte Anwender*innen – überfordert. Abgesehen von der oftmals zeitintensiven und frustrierenden Erstmontage weil irgendwelche Bestandteile des Systems Felge – Felgenband – Ventil – Reifen – Dichtmilch nicht 100% zueinander passen, muss man doch häufiger als gedacht kontrollieren ob noch ausreichend Dichtmilch im Reifen ist und ggf. nachfüllen und kontrollieren ob diese überhaupt noch flüssig ist und sich nicht bereits als eingetrockneter Fladen am tiefsten Punkt des Laufrades gesammelt hat (weil das Rad eben dann doch länger als gedacht ungenutzt im Keller stand). Im Schadensfall unterwegs dichtet sie im besten Fall unbemerkt während der Fahrt, versprüht dabei aber auch eine Menge klebriges Latex auf Rahmen, Klamotten und in die Natur wo sie nicht hingehört. Und wenn das Loch dann doch nicht dicht wird, hilft als letzter Rettungsanker eben auch nur der klassische Schlauch um weiterfahren zu können und nach Hause zu kommen.
Tubeless wäre für mich eine Option wenn ich z.B. auf der Baja California in Mexiko unterwegs wäre, wo es viele Kakteen und deren Stacheln gibt. Ich würde dann Tubeless vom Einsatzort abhängig machen. Ansonsten bin ich lieber mit Schlauch unterwegs. Leichter und weniger Sauerrei bei der Montage.
Ach und liebe Bikeindustrie ich finde die Autoventile (AV) praktischer als die Sclaverand (SV). Sollte es also TPU mit Autoventil geben, dann wäre das meine Traumkombi, auch wenn die vielleicht dann 2g schwerer sind. Da bin ich pragmatisch.